Eine weihnachtliche Winterszene mit Knecht Ruprecht
Die Szene zeigt ein verschneites Dorf in winterlicher Abendstimmung, in dem rege Betriebsamkeit und stille Zurückgezogenheit nebeneinander existieren. Im Hintergrund spielen Kinder auf einem zugefrorenen Teich. Sie schlittern, ziehen einander in einfachen Holzwannen über das Eis und werden dabei von Erwachsenen begleitet. Diese laufen vorsichtig Schlittschuh oder greifen den Kindern helfend ein. Am linken Bildrand schreitet ein alter Wanderer mit Stock, Kapuzenmantel und schwerem Bündel einen Pfad entlang, der aus einem dunklen, dicht stehenden Fichtenwald zum Dorf hinunterführt. Zwischen den Zweigen schimmern einzelne warme Lichtpunkte. Die Häuser des Dorfes tragen schwere Schneelasten auf ihren schiefen Dächern. Aus den Schornsteinen steigt Rauch auf und hinter den kleinen Fenstern glimmt ein rötliches Feuer, das Geborgenheit signalisiert. Zwischen den Gebäuden treiben Bauern ihr Vieh, tragen Holz, unterhalten sich oder gehen gemächlich ihren Alltagswegen nach. Kahle Bäume und ein trüber Himmel runden die winterliche Atmosphäre ab.
Das Bild knüpft stilistisch an die flämisch-niederländische Winterlandschaftsmalerei des 16. und frühen 17. Jahrhunderts an, wie sie durch Pieter Bruegel d. Ä. und seine Nachfolger geprägt wurde. In dieser Zeit etablierte sich der verschneite Dorfblick mit Schlittschuh laufenden Bauern, Vieh und Alltagsarbeiten als eigenständiges Bildthema, angeregt durch die „Kleine Eiszeit“, die in den Niederlanden besonders strenge Winter brachte.
Bruegels berühmte Winterbilder, wie „Die Jäger im Schnee“ oder „Winterlandschaft mit Eisläufern und Vogelfalle“, wurden von Werkstätten und Nachfolgern vielfach variiert und über Druckgrafik in ganz Europa verbreitet. Gerade die Kombinationen aus breit angelegter Landschaft und kleinteiligen Szenen des Landlebens sind typisch für diese Werke. Die dargestellte Szene mit dörflichem Treiben, den ausgedehnten Eisflächen und der leicht erhöhten Perspektive orientiert sich direkt an diesem Bildtypus. Historisch wäre sie im Umfeld der flämisch-niederländischen Kunst zwischen etwa 1560 und 1630 zu verorten.
Ich kenne diese Bilder aus meiner Kindheit, ein ähnliche hing bei meiner Oma im Wohnzimmer. Ich habe es immer sehr sehr angeschaut und dabei geträumt. Sie erinnern mich an die den Winter von damals. Und sie tragen auch immer eine melancholische Stimmung mit. Diese Stimmung steckt genau in solchen Winterdorfszenen: einerseits Geborgenheit, Vorfreude und heimelige Lichter, andererseits dieses leise, melancholische Gefühl von Kälte, Dunkelheit und Vergänglichkeit. Viele dieser Bilder verbinden Kindheitserinnerungen – spielende Kinder, Schlittschuhlaufen, Vorbereitungen auf Weihnachten – mit einem Bewusstsein dafür, dass die Zeit vergeht und die Menschen ihren harten Winteralltag bewältigen müssen. Dabei geht es vielen Menschen in dieser Zeit nicht gut. Die einen haben Mangel, während um sie herum der unersättliche Konsum gefeiert wird, andere fühlen sich besonders dann einsam und allein.
Vielleicht berührt es so stark, weil diese Szenen fast wie ein „inneres Fotoalbum“ wirken. Man schaut aus heutiger Distanz auf eine Welt, die es so nicht mehr gibt, die aber emotional sehr vertraut ist. Die Zeit vergeht und gerade zu Weihnachten spüre ich, dass die Kindheit schon sehr weit zurückliegt. So ist es für mich als Papa heute besonders wichtig, meinen Kindern diese Geborgenheit und Wärme zu geben, die ich von früher kenne.

